Wo liegt der Unterschied zwischen Scrum Master und Release Train Engineer (RTE)? Was haben sie gemeinsam? Wie wird man ein guter RTE? Diese und weitere Fragen beantworten wir Dir gerne!

Der Release Train Engineer in SAFe

Der Release Train Egineer (RTE) gehört im Scaled Agile Framework® (SAFe®) zur erweiterten Scrum Master Community – zusammen mit den Scrum Mastern und Solution Train Engineers. Allerdings wirken Scrum Master in SAFe® primär auf Teamebene, während RTEs auf ART-Ebene, also auf der Ebene mehrerer Teams, die in einem Value-Stream arbeiten, aktiv sind. Zu ihren Aufgaben gehört es, die ART-Events zu moderieren, den Prozess auf ART-Ebene zu unterstützen und den Teams dabei zu helfen, Wert zu liefern. Sie sorgen auch für die Lösung von Impediments und für kontinuierliche Verbesserung. Teil davon ist, Prozesse und Praktiken zu dokumentieren und zu standardisieren.

Im Wesentlichen geht es dem RTE also darum, dass die Teams in einem ART effektiv und effizient liefern. Dazu nimmt er die Prozessperspektive ein, sorgt für teamübergreifende Transparenz und bringt Impediments zur Lösung. Damit ihm das gelingt, agiert er auch als Servant Leader und Coach für Führungskräfte, Teams und Scrum Master. Außerdem sind RTEs für die Etablierung von Communities of Practice zuständig.

Der Scrum Master in Scrum

In SAFe® wird der Scrum Master primär auf Teamebene gesehen, wobei natürlich die Zusammenarbeit mit anderen Teams eine wichtige Rolle spielt. Scrum, wie es im Scrum Guide definiert ist, sieht die Rolle breiter. Dort agiert der Scrum Master offensiv sowohl auf der Team- als auch auf der Organisationsebene. Er ist verantwortlich dafür, dass Scrum korrekt gelebt wird und das Team effektiv arbeitet. Dabei setzt er primär auf dienende Führung (servant leadership), die Vermittlung von benötigten Fähigkeiten, Optimierung der Prozesse und die Beseitigung von Impediments. Der Scrum Master behält stets das Ergebnis, also das Produktinkrement, im Blick. Auf Organisationsebene wird im Scrum Guide explizit dargestellt, dass er für die Scrum-Einführung zuständig ist, die Organisation bei der Einführung von Scrum „führt, schult und coacht“ und „Barrieren zwischen Stakeholdern und Scrum Teams“ beseitigt.

Wir haben diese Aufgaben in unserer „Pyramide der Impediments“ aufbereitet.

Unserer Erfahrung nach verändert sich der Fokus von Scrum Mastern mit der Zeit. Anfangs beschäftigen sie sich fast ausschließlich mit dem Teambuilding und den Prozessen auf Teamebene. Gelingt dies zunehmend besser, verlagern sie ihren Fokus auf die Organisationsebene. Mit der Zeit kann die Pyramide sich also auch umdrehen.

Vergleich von Release Train Engineer (RTE) und Scrum Master

Vergleichen wir diese beiden Rollen wird sehr deutlich, dass sie eine sehr hohe Übereinstimmung aufweisen. Der Hauptunterschied liegt darin, dass SAFe® die Scrum Master-Rolle, wie sie im Scrum Guide definiert ist, in zwei Hälften schneidet. Den Team-Teil belässt es beim Scrum Master, während der Organisationsteil zum RTE wandert. Allerdings ist auch in SAFe® diese Trennung unscharf, da beide Rollen verantwortlich für die Etablierung funktionierender Prozesse, die Einführung agiler Methoden und die Beseitigung von Impediments sind. In einem komplexen Umfeld gibt es so viele Abhängigkeiten zwischen den Teams, dass kein Scrum Master erfolgreich sein kann, wenn er sich nur um das eigene Team kümmert.

Voraussetzungen für den Erfolg eines Release Train Engineers

Ebenso kann ein RTE nicht erfolgreich sein, wenn er nur auf die übergeordnete Ebene, den ART, schaut. Die Lieferung der Ergebnisse entsteht in den Teams, die meisten Probleme werden auf Teamebene transparent und auch die Umsetzung von SAFe® geht von der Teamebene aus. Es ist also wichtig, dass ein RTE weiß, was auf Teamebene vor sich geht. Außerdem soll der RTE andere Mitglieder des ARTs, darunter auch Scrum Master, coachen und entwickeln. Das kann er nur, wenn er einerseits über Coachingfertigkeiten verfügt und andererseits die Rolle selbst bereits ausgefüllt hat.

SAFe® gibt außerdem einen wichtigen Hinweis, was die größte Herausforderung für RTEs sein könnte:

„Während neue RTEs typischerweise die Organisationsfähigkeiten haben, ihre Rolle auszufüllen, kann es sein, dass sie eine Lean-Agile Haltung erst noch erlernen und annehmen müssen. Es kann sein, dass sie sich erst noch von einem anweisenden und verwaltenden Führungsstil weg, hin zu einem Servant Leader entwickeln müssen.“

Dieser Hinweis deckt sich mit unserer Erfahrung. Ganz platt formuliert: Wenn ein RTE sich hinter Excel-Listen und JIRA-Reports versteckt, statt direkt mit den Teams zu arbeiten, dann wird er seinen Job nicht gut erfüllen können.

Voraussetzungen, um ein guter Release Train Engineer zu werden

Wenn Du ein guter RTE werden möchtest, empfehlen wir Dir die folgenden Schritte:

  • Mache Dich intensiv mit Scrum, Kanban und SAFe® vertraut.
  • Baue Dir ein Netzwerk innerhalb des Unternehmens auf, um Impediments möglichst effizient lösen zu können.
  • Investiere in Deine Coachingfähigkeiten.
  • Lebe die Rolle des Scrum Masters einige Jahre, damit Du im Detail verstehst, wo hier die Herausforderungen liegen.
  • Wenn Du die Rolle des Scrum Masters so gut ausfüllst, dass Dir ein einzelnes Team langweilig wird, kümmere Dich statt um ein zweites Team um die teamübergreifende Organisation.
  • Sollte diese Doppelrolle zu aufwändig sein, optimiere und automatisiere sie so, dass Du sie bequem neben Deinen anderen Aufgaben erledigen kannst.

Spätestens jetzt bist Du voll in der RTE-Rolle angekommen, denn Du optimierst bereits die übergreifenden Prozesse. Es spricht auch nichts dagegen, wenn Du Dir die Rolle mit einem anderen Scrum Master teilst. Falls Du Dich dafür entscheidest, Deine Scrum Master-Tätigkeit aufzugeben, sorge dafür, dass Du einen engen Draht in die Teams behältst und stets auf dem Laufenden bleibst, was dort passiert. Bedenke dabei immer: Jede Aufteilung von Verantwortung auf verschiedene Personen, die aber alle notwendig sind, um Wert zu liefern, führt zu zusätzlichem Kommunikationsbedarf. Also mehr Meetings, mehr Emails, mehr Telefonate – und mehr Missverständnisse, Fehler und Konflikte.

Ist der RTE eine Karriereoption für Scrum Master?

Einige Unternehmen sehen den Release Train Engineer als Karrierestufe für Scrum Master. Wir haben auch schon erlebt, dass ein RTE den Scrum Mastern disziplinarisch vorgesetzt war. Aus einer hierarchischen Brille heraus betrachtet ist das zwar verständlich, wir teilen diese Ansicht aber nicht. Ein solches hierarchisches Denken widerspricht dem agilen Gedanken grundlegend. Der RTE ist eine Rolle – keine Position. Sie kann allein oder zusätzlich zu anderen Rollen ausgefüllt werden. Sie entspricht der Scrum-Definition des Scrum Masters an einigen Stellen, vernachlässigt aber die Teamebene. Natürlich braucht es in aller Regel mehr Erfahrung, viele Teams zu koordinieren, als ein einzelnes Team zu unterstützen. Das macht aber nicht den RTE zum „Chief Scrum Master“, sondern macht einen erfahrenen Scrum Master wichtiger als einen unerfahrenen. Die Rolle in Positionen oder Gehaltsbändern zu zementieren, nimmt dem Unternehmen Agilität und Entscheidungsmöglichkeiten.

Fazit

Der Release Train Engineer ist eine wichtige Rolle in SAFe®. Sie hat viele Parallelen zum Scrum Master, wie er im Scrum Guide definiert ist. Ganz global betrachtet kümmert sich der Scrum Master in SAFe® um die Teamebene, während der RTE die übergreifende ART-Ebene optimiert. Die Aufgaben sind dabei sehr ähnlich, adaptiert auf die Wirkungsebene. Um ein guter RTE sein zu können, ist allerdings die Erfahrung als Scrum Master und der direkte und ständige Kontakt mit den Teams wichtig. Erfolgt dieser nicht, kann der RTE nicht die richtigen Impediments angehen und wird von Meetingmarathons verschluckt. Außerdem raten wir davon ab, den RTE als hierarchische Karriereoption zu sehen.

Hast du Fragen? Dann nimm gerne Kontakt mit uns auf.

Wenn dich die Aufgabe reizt und du Teil unseres Teams werden möchtest, bewirb dich mit wenigen Klicks.

Solltest du hingegen mit unserem hervorragenden Team arbeiten wollen, könnten unsere Beratungsprodukte interessant für dich sein.