Was kann man tun, wenn man einerseits agiler arbeiten möchte, andererseits eine Transformation der Organisation aber nicht gewünscht ist? Agilität ohne Transformation – ist so etwas überhaupt möglich?

Unsere Antwort ist: Ja!

Bei einer Institution der wirtschaftlichen Selbstverwaltung in Stuttgart haben wir genau das im Rahmen einer agilen Aufgabenkritik umgesetzt.

Wenn dich die vollständige Fallstudie interessiert, kannst du sie hier kostenlos herunterladen.

Was ist eine Aufgabenkritik?

Der Begriff „Aufgabenkritik“ ist in der öffentlichen Verwaltung üblich und beschreibt einen Prozess, bei dem man seine Aufgaben systematisch hinterfragt. Dabei unterteilt sich die Aufgabenkritik in eine „Zweckkritik“, bei der es darum geht, die Aufgaben zu identifizieren, die in Zukunft bewältigt werden sollen, und in eine „Vollzugskritik“, bei der man nach Möglichkeiten zur Effizienzoptimierung sucht.

Die Aufgabenkritik hat somit einige Parallelen zu den „Retrospektiven“, die wir in der agilen Welt kennen.

Bei unserem Kunden entstand die Notwendigkeit zur Überprüfung der Arbeitsweise durch die wirtschaftliche Situation der Mitgliedsunternehmen. Durch die sinkenden Einnahmen während der Covid-19-Pandemie entschied man sich dafür der eigenen sozialen Verantwortung gerecht zu werden und niemanden zu entlassen. Stattdessen reduzierte man die Arbeitszeit für alle rund 400 Mitarbeiter gleichermaßen, was dazu zwang, auch die Aufgabenlast entsprechend zu reduzieren.

Was ist eine agile Aufgabenkritik?

Normalerweise wird die Aufgabenkritik als Top-Down-Prozess durchgeführt. Unser Kunde entschied sich dafür, in diesem Fall agil vorzugehen. Darunter verstanden wir, den Fokus auf die Menschen zu legen, eine hohe Mitarbeiterbeteiligung sicherzustellen, kleine Erfolge umzusetzen, statt den „Big Bang“ anzustreben und auf minimale externe Unterstützung zu setzen. Ansätze wie Scrum, Kanban oder Lean Startup spielten für uns keine Rolle.

Wie sind wir vorgegangen?

Wir führten in Summe 12 Workshops mit den Mitarbeitenden durch. Dabei waren die Mitarbeitenden einer Abteilung (bei kleinen Abteilungen legten wir mehrere zusammen) in einem gemeinsamen Workshop. Diese Workshops führten wir wegen der Pandemiesituation online mit Microsoft Teams & Mural durch. Innerhalb der Veranstaltungen verfolgten wir das grundsätzliche Konzept, die Erarbeitung von Erkenntnissen in kleinen Gruppen von maximal fünf Personen durchzuführen, während allgemeine Informationen und die Präsentation der Ergebnisse in der Gesamtgruppe erfolgten. Das war auch notwendig, denn die Workshops hatten je nach Abteilung bis zu 87 Teilnehmende.

Der Ablauf der Workshops folgte immer dem gleichen Schema: Zunächst die Reflektion der strategischen Leitsätze der Organisation, dann der Fokus auf die wichtigsten Aufgaben der Mitarbeitenden, gefolgt von den am wenigsten wichtigen Aufgaben. Anschließend die Identifikation von optimierbaren Aufgaben und die Herausarbeitung von Quick-Wins.

Absolut essenziell war, dass unser Auftraggeber mit seiner Arbeitsgruppe Aufgabenkritik sowie einer Gruppe von internen Moderatoren tatkräftig unterstützte. Nur so war es möglich alle Mitarbeitenden einzubinden.

Interessieren dich mehr Details zur Durchführung? Dann lade dir unsere kostenlose Fallstudie hier herunter.

Was hatte dieses Vorgehen mit Agilität zu tun?

Wir fokussierten uns auf die Werte und Prinzipien von Agilität, nicht auf Methoden. In der Umsetzung vermieden wir konsequent jegliche Referenz auf Agilität. Wir sprachen nur über die Bedürfnisse und Herausforderungen der Organisation sowie deren Mitarbeitenden. Wir nahmen Sorgen und Nöte sehr ernst und hörten jeder Person aufmerksam zu. Die Verantwortung für die Umsetzung der Quick-Wins wurde in die Teams gegeben, was ein hohes Maß an Empowerment bedeutete. Gleichzeitig wurden Prozesse zur Umsetzung auf Team-, Abteilungs- und Organisationsebene eingeführt, die es ermöglichten, iterativ und inkrementell die Aufgabenlast zu verringern. Gleichzeitig befähigten wir Mitarbeitende und Organisation, den Prozess langfristig aus eigener Kraft und in einer nachhaltigen Geschwindigkeit zu treiben.

Was war das Ergebnis?

Wir erreichten eine Mitarbeiterbeteiligung von nahezu 100% und einen höheren Fähigkeitsgrad der Gesamtorganisation in den Bereichen Mitarbeiterbeteiligung, Workshopdesign, Moderation und virtuelles Arbeiten. Die Prozesse zur fortgeführten Aufgabenkritik auf Abteilungs- und Gesamtebene sind etabliert. In den Workshops selbst wurden 257 Ideen für Aufgabenstreichungen, 768 Effizienzverbesserungsideen und 345 Quick-Wins herausgearbeitet. Nicht mess- aber spürbar stiegen außerdem Motivation, Teamgeist und Veränderungswillen der Mitarbeitenden.

Die Herausforderung ist jetzt, die Veränderungsenergie aufrecht zu erhalten. Das kann nur durch die Adressierung der größten Sorge der Mitarbeitenden geschehen: Dass keine echte Veränderung erfolgen würde und alles beim Alten bliebe. Es liegt nun vor allem an den Führungskräften, die gemachten Vorschläge inkrementell und iterativ zu bewerten und umzusetzen. Transparente Kommunikation ist dabei der Schlüssel.

Fazit

Erste agile Ansätze auch ohne agile Transformation umzusetzen, ist möglich. Das führt zwar nicht dazu, dass alle Mitarbeitenden einer bestimmten Methode (z.B. Scrum oder Kanban) folgen. Jedoch lässt das Vorgehen uns alle auf Augenhöhe begegnen, uns ernst nehmen und die Verantwortung für Veränderung an die Personen abgeben, die es direkt betrifft. Sollte sich die Organisation später dazu entschließen, weitere Schritte in Richtung eines agilen Unternehmens zu gehen, dann sind die Grundlagen dafür bereits gelegt.

Mehr Details findest du hier in unserer kostenlosen Fallstudie.

 

 

Hast du Fragen oder Anregungen zu Agilität in deinem Unternehmen? Sprich mich gerne an oder schau dir mal unsere Agile Supervision an.