Asynchrones Lernen mit digitalen Tools: Chancen, Grenzen und ein Ausblick auf zukunftsfähige Bildung
In einer zunehmend digitalisierten Welt hat sich das Lernen grundlegend verändert. Klassenzimmer werden durch virtuelle Räume erweitert, und Lernen findet nicht mehr nur synchron im Frontalunterricht statt, sondern häufig auch asynchron: zeitunabhängig, ortsungebunden und individuell steuerbar. Besonders durch Lernvideos und digitale Plattformen erleben wir derzeit einen Wandel, der Chancen bietet – aber auch Herausforderungen mit sich bringt.
In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Vor- und Nachteile asynchronen digitalen Lernens und zeigen, wie moderne Plattformen wie die ValueRise eAcademy diese Erkenntnisse bereits in die Praxis umsetzen.
Was bedeutet asynchrones digitales Lernen eigentlich?
Beim asynchronen Lernen findet der Wissenserwerb zeitversetzt statt. Lerninhalte – etwa Videos, Texte oder interaktive Übungen – stehen digital bereit und können von den Lernenden nach eigenem Zeitplan und in individuellem Tempo bearbeitet werden. Anders als beim synchronen Lernen (z. B. Live-Webinare) gibt es keine festgelegten Unterrichtszeiten oder eine Echtzeit-Interaktion. Oft werden die asynchronen Formate auch „Online-Schulung“ oder „Onlinekurs“ genannt. Das ist aber missverständlich, weil auch synchrone Interaktionen wie Live-Webinare so genannt werden könnten.
Das Forma des asynchronen digitalen Lernens bietet viele Freiheiten – stellt aber auch neue Anforderungen an die Lernenden. Zwei gute Quellen in diesem Zusammenhang sind beispielsweise Hrastinski (2008) und Mayer & Moreno (2005).
✅ PRO: Die großen Vorteile des asynchronen Lernens
1. Maximale Flexibilität: Lernen im eigenen Tempo
Einer der größten Vorteile liegt in der zeitlichen und örtlichen Flexibilität. Ob Frühaufsteher oder Nachteule – asynchrones Lernen passt zu jedem Alltag. Besonders Berufstätige oder Menschen mit familiären Verpflichtungen profitieren davon, dass sie sich Weiterbildungen individuell einteilen können. Auch das Lernen zwischen beruflichen Terminen ist möglich, weil keine vollen Tage am Stück aufgewendet werden müssen. Asynchrones Lernen fördert die Reflexion und ermöglicht es Lernenden, Inhalte bewusster und nachhaltiger aufzunehmen. Lernende können die gewonnene Zeit für tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Stoff nutzen.
2. Lernen nach individuellem Bedarf – Wiederholung inklusive
Nicht jeder Mensch lernt gleich schnell. In traditionellen Lernsettings müssen sich alle an ein einheitliches Lerntempo halten – was besonders für langsamere oder schnellere Lernende ein Nachteil ist. Beim asynchronen Lernen hingegen können Inhalte pausiert, zurückgespult oder erneut angesehen werden. Das erhöht die Kontrolle über den Lernprozess erheblich – ein wichtiger Faktor, wie die Cognitive Theory of Multimedia Learning von Richard Mayer und Roxana Moreno (2005) bestätigt. Sie betont, dass Lernen effektiver ist, wenn Lernende die Möglichkeit haben, Informationen in ihrem eigenen Tempo zu verarbeiten.
3. Breiter Zugang zu hochwertigem Wissen
Digitale Lernangebote ermöglichen den Zugang zu Inhalten, die früher nur an bestimmten Orten oder Institutionen verfügbar waren. Ob Harvard-Professoren, spezialisierte Fachtrainer oder zertifizierte Experten – Lernende weltweit profitieren vom Wissen führender Köpfe. Damit trägt asynchrones Lernen zur Demokratisierung von Bildung bei. Insbesondere in Regionen oder Branchen mit begrenzten Weiterbildungsangeboten eröffnet es neue Perspektiven. In unserer Branche ermöglicht es den Lernenden, sich bereits vor der tieferen Auseinandersetzung mit einem Thema den Trainer sehr genau anzuschauen und die Qualität verschiedener Dozenten zu vergleichen. Dazu trägt auch bei, dass bei digitalen Lernangeboten die Kosten typischerweise erheblich niedriger sind als bei Präsenztrainings.
4. Förderung selbstgesteuerten Lernens
Ein oft unterschätzter Vorteil: Wer sich asynchron weiterbildet, lernt auch, Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Selbstorganisation, Planung und Priorisierung gehören zu den Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts – und genau diese werden durch asynchrones Lernen gestärkt. Das passt besonders gut zu Agilität und Scrum, die ja ebenfalls auf Selbstorganisation setzen. Besonders gut funktioniert dies im Kontext von „Blended Learning“-Konzepten, also der Verbindung von synchronen und asynchronen Lernanteilen. Dumm nur, wenn Selbstorganisation nicht zu den persönlichen Stärken der lernenden Person gehört…
❌ Top 5 Nachteile (Contra) des asynchronen Lernens
1. Hoher Bedarf an Selbstdisziplin
So sehr Selbststeuerung eine wertvolle Kompetenz ist, so sehr kann sie auch zur Hürde werden – insbesondere bei Lernenden mit wenig Erfahrung im Selbstlernen. Ohne äußeren Druck oder feste Termine fehlt vielen die Verbindlichkeit, dranzubleiben. Das Risiko: Kursabbrüche, Prokrastination oder oberflächliches Durchklicken. Gerade Lernanfänger oder weniger strukturierte Persönlichkeiten benötigen hier unterstützende Strukturen
2. Fehlender sozialer Austausch und Isolation
Einer der gravierendsten Kritikpunkte an asynchronem digitalen Lernen ist der Mangel an direktem sozialem Kontakt. Diskussionen mit Mitlernenden, spontane Rückfragen oder motivierende Gruppendynamik fallen oft weg. Das kann zu Isolation und einem Gefühl der Anonymität führen – und in der Folge auch zu Motivationsverlust. Michael G. Moore (1993) entwickelte das Konzept der „Transactional Distance“ – je größer die zeitliche und räumliche Distanz zwischen Lernendem und Lehrendem, desto größer die Notwendigkeit, durch Kommunikation und Struktur diese Distanz zu überbrücken. Lernangebote müssen also so designt werden, dass sie die „Transactional Distance“ überbrücken.
3. Geringe Rückmeldung und fehlendes Feedback
Ein weiterer Nachteil: In rein asynchronen Formaten gibt es oft wenig bis keine Rückmeldung durch Lehrpersonen oder Trainer. Fehler bleiben unentdeckt, Unsicherheiten unbeantwortet. Das kann den Lernfortschritt hemmen – insbesondere, wenn komplexere Inhalte bearbeitet werden oder Anwendungskompetenz gefragt ist. Ein gutes asynchrones Lernsystem sollte daher Feedbackmöglichkeiten schaffen – sei es durch Quizze mit Erklärung, Peer-Review oder direkte Kontaktoptionen zum Trainer.
4. Mangel an praktischer Anwendung und Übung
Asynchrone Formate konzentrieren sich häufig auf Wissensvermittlung in Form von Theorie. Doch Lernen heißt auch: Tun. Üben. Anwenden. In vielen Kursen fehlen strukturierte Aufgaben, Reflexionsfragen oder echte Anwendungsfälle. Dadurch besteht die Gefahr, dass Wissen nicht in Können überführt wird – ein zentrales Defizit, wenn es um berufliche Weiterbildung geht.
🧭 Fazit: Wie gutes asynchrones Lernen gelingt
Asynchrones Lernen ist kein Allheilmittel, aber ein äußerst kraftvolles Format, wenn es didaktisch durchdacht umgesetzt wird. Die Vorteile – wie zeitliche Flexibilität, Individualisierung und selbstgesteuertes Lernen – sind enorm. Doch ebenso real sind die Herausforderungen, etwa der Mangel an Feedback, Interaktion und praktischer Übung.
Wenn du dein eigenes digitales asynchrones Lernkonzept umsetzt, empfehlen wir dir, aus unseren Erfahrungen zu lernen:
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Ständige Erreichbarkeit deiner Experten: Um fehlendes Feedback auszugleichen, müssen die Lernenden jederzeit Fachexperten kontaktieren können – per E-Mail oder telefonisch. So bleibt niemand mit Fragen allein.
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Workbook mit praktischen Übungen: Jeder Kurs sollte ein strukturiertes Workbook beinhalten, das die Lernenden mit Aufgaben, Reflexionsfragen und Anwendungsszenarien begleitet. So wird passives Wissen zu aktivem Können.
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Selbstbestimmtes Lernen mit Struktur: Deine Lernplattform sollte flexible Zeitgestaltung, kombiniert mit klaren Lernpfaden, Erinnerungen und Fortschrittsanzeigen bieten – damit die Lernenden am Ball bleiben.
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Didaktik nach aktuellen Erkenntnissen: Alle Kurse sollten auf der Multimedia Learning Theory, Constructive Alignment und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur digitalen Erwachsenenbildung basieren, um den Lernerfolg zu maximieren.
Asynchrones Lernen funktioniert dann am besten, wenn es die Freiheit des Lernens mit Strukturen, Rückmeldung und praktischer Anwendung verbindet – genau das ist das didaktische Herzstück der eAcademy von ValueRise Consulting.